Sicher, manchmal ist es nicht so toll, das Segeln. Aber wenn man dabei ist, sein Leben zu ändern, gib es eben auch schlechte Tage, oder?
Alexandra Schöler aus den Küchen inspirierender Seefrauen.
Samantha, kurz Sam genannt, tauchte mit dem Kopf aus dem Niedergang der Windcharger auf. Neben ihr Jessica, vier Jahre, blonde Korkenzieherlocken, dann Ehemann Lloyd – Colin Firth – die jüngere Version – müsste sich fürchten, würde Lloyd statt zu segeln schauspielern!
Und dann krähte von unten „little Tom“, das Baby an Bord, ein Jahr alt. Das war Familie Robinson!

Die hießen wirklich wie die berühmte Aussteigerfamilie und lebten seit zwei Jahren auf dem Schiff, als wir sie in Lanzarote kennenlernten. Eigentlich sollte Lloyd Atom-U-Boote schützen für England, aber irgendwann setzte er sich zu den Greenpeaceleuten vor der Marine-Basis und trank mit ihnen Tee. Sam vermietete er seine Wohnung – er war ihr „Landlord, wie es so schön poetisch im Englischen heißt. So lange, bis Sam die Miete nicht mehr zahlen konnte, dann heiratete er sie. So zumindest seine Version.
Beim ersten Date erzählte er Sam von seinem Traum, auf dem Schiff zu leben. Und Sam sagte: „Ok then!“ Sam war von ihrem Job als Bankangestellte völlig ausgepowert und perspektivelos. Nach Jessicas Geburt suchten Sam und Lloyd ein Schiff, zeugten little Tom, lebten
die erste Zeit in Portugal in einem Fluss, wagten dann den Törn in den Atlantik. „It’s hard work“, gestand mir Sam – ein kleines Mädchen und ein Baby auf einem Schiff. „Es ist wie eine große Lupe auf unserer Beziehung.“ Vor den Nächten auf See hatte Sam entsetzliche Angst. Einmal war sie sicher, ein Container würde sie gleich rammen und sie überlegte krampfhaft, welches ihrer Kinder sie zuerst retten müsste und wo sie diese verdammte Babyschwimmweste verstaut hatte. Aber es passiert nichts in diesem Augenblick.

In diesem „Augenblick“, in dem Sam, seit sie segelten, zu leben versuchte. Echte Herausforderung, wobei – wenn ihr Jessica um die Ohren fegte und little Tom Flip-Flops über die Reling warf, gab es nichts anders im Leben.
In diesem „Augenblick“, in dem Sam, seit sie segelten, zu leben versuchte. Echte Herausforderung, wobei – wenn ihr Jessica um die Ohren fegte und little Tom Flip-Flops über die Rehling warf, gab es nichts anders im Leben.
Oh my godness!
Außer Lasse. Der 20-jährige dänische Wikinger heuerte als Crew über den Atlantik an und klein Jessica hing anbetungsvoll an seinen Lippen. Wenn Lasse „nein“ sagte, war es ein „Nein“. Wow – und Sam hatte Zeit, etwas zu lesen und sich zu rasieren! Mit Schamesröte im Gesicht erzählte sie mir, wie sie in Lanzarote das elegante Marinaschwimmbad besuchte und zurück auf dem Schiff Wildwuchs an bestimmten Stellen ihres Körpers bemerkte!
Oh my goodness! Mir ist das damals nicht aufgefallen, Sam könnte einer Jane-Austen-Verfilmung entsprungen sein.

Und die Liebe zu Lloyd? „I trust him with my life.“ Sicher, manchmal ist es nicht so toll, das alles. Aber wenn man dabei ist, sein Leben zu ändern, gibt es eben auch schlechte Tage, oder? Außerdem, irgendwie glaubte Sam, dass die schlimmen Dinge woanders passieren. Auf der Windcharger spielten sie Scrabble am Abend, redeten miteinander, hatten die Kinder ganz nah, keiner zu Hause konnte sich das vorstellen und Sam konnte sich nicht mehr vorstellen, zu Hause zu leben, jeden Abend fernzusehen, wie ihre Mutter.
Als wir kurz vor Weihnachten in die Piratesbay auf Tobago einsegelten, winkten uns die Robinsons an Bord – es gab frisch gebackenes Coconut Bread zum frisch gefangenen Tuna! Oh my goodness!

Nachkochen an Bord:
Sams Tobago inspired Coconut Bread
Zutaten
1 Dose Kokosnussmilch, 250 ml Wasser, 2 EL Zucker, 1 EL Hefe (1 Pkg. Trockenhefe), 1 kg Mehl, 1 Eigelb
Zubereitung
Alle Zutaten zu einem geschmeidigen Teig verkneten, acht Kugeln formen. Diese in eine bemehlte Backform (z. B. Auflaufform) nebeneinander setzen, 1 Stunde gehen lassen. 35 Minuten bei 200 °C backen.
In der kommenden ocean7-Ausgabe 4/2021 berichtet Alexandra über Kochen im Sturm – und wie man mit der Zeit drin besser wird. ocean7 4/2021 ist ab 30. Juni 2021 als Print-Ausgabe im Abo, im ausgesuchten Einzelhandel und auf Bestellung in jeder Trafik erhältlich. Und für alle unterwegs gibt’s das E-Paper für alle Geräte.

Fotos: Peter und Alexandra Schöler, Shutterstock