So heißt das Dingi, das im Rahmen eines MSVÖ-Praxisprüfungstörns für das FB4-Patent einsam und verlassen aus ruppiger See geborgen wurde. Als sich dann auch noch die Guardia Costiera einklinkte, wurde die Prüfung auf der Segelyacht Compañera zum Ernstfall, wie Prüfer Mike Hecker berichtet.
Eine FB4-Prüfung ist für mich als Prüfer immer eine spannende Geschichte, weil man doch einige Tage mit erfahrenen Skippern mindestens 200 Seemeilen gemeinsam in zumindest drei Tagen absolviert. So lief ich also mit sechs Prüflingen auf der SY Compañera, einer Hanse 455, von Porto San Rocco in Muggia aus. Der Eigner Christian Hofer hat sich mit seinem Sohn und weiteren Segelfreunden zum FB4 entschieden und nun ging es ins Finale.
Eine Eigneryacht ist natürlich oft viel besser ausgerüstet als eine herkömmliche Charteryacht. So ist Radar neben neuester Bordelektronik nicht nur an Bord, sondern wird auch dementsprechend eingesetzt. Das erste Ziel wird von mir mit Porto Garibaldi definiert und völlig unspektakulär steuern die erfahrenen Seefahrer bei 25–30 Kn Wind in die Nacht hinein. Selten gehe ich bei einer Nachtfahrt ruhig in die Koje, aber da hatte ich vollstes Vertrauen in die Männer. Genau nach Wachplan wurden die Positionen besetzt und gekonnt gemeistert. Aus- und Einreffen wurden ohne Hektik und Aufregung erledigt. Niemals hatte ich das Gefühl, dass die diensthabenden Männer nicht wussten, was sie tun.
Die Strecke führte über das Po-Delta und dann nach Chioggia, wo wir einmal anlegten und Essen gingen, da dies in Italien wieder möglich war. Am dritten und letzten Tag legten wir um 2.00 Uhr ab, da ja noch einige Nachtansteuerungen zu absolvieren waren. Kurz vor Sonnenaufgang hatten wir auch die letzte Ansteuerung auf Porto Lido geschafft, als krönenden Abschluss legten wir in Venedig an.
Kaffee war um diese Uhrzeit nirgends zu bekommen, also fuhren wir weiter. Gleich nach Moses wurden wieder die Segel gesetzt, mit dem Heimathafen als Ziel. Der Wind wurde kontinuierlich stärker, aber die Kandidaten, die ihre Ausbildung bei der YCA-Crew Steiermark gemacht hatten, ließen sich selbst bei der Astronavigation nicht aus der Ruhe bringen.
Während dieser wurde ein unbemanntes Beiboot gesichtet. Erst im vierten Anlauf gelang es, das Boot an Bord zu hieven. Darin fanden wir zwei Wasserflaschen kroatischen Mineralwassers, 2 Drybags, ein iPhone 11+, eine Schwimmweste, einen Schlafsack sowie ein Faltpütz. Das Dingi mit der Aufschrift „Tender to Vogel“ hatte einen festen GFK-Rumpf, die Ruder waren angeschlagen, kein Motor. Wir informierten die italienische Küstenwache per Funk (Kanal 16) über unseren Fund und verständigten uns auf ein Treffen im Porto San Rocco in Muggia.
Vor dem Einlaufen hatten sie uns schon auf ihrem Schirm, ich wurde das erste Mal in meinem Leben von der VTS (Vessel Traffic Service) von vor Anker liegender Großschifffahrt gewarnt. In Muggia kam ein Offizier der Coast Guard an Bord, nahm sich eine Kopie der Schiffspapiere, fotografierte das MSVÖ-Prüfungslogbuch und das Dingi, das Handy nahm er mit. Kurz nach unserer Abreise wurde auch das Dingi abgeholt.
Wir wissen nicht, was mit dem „Tender to Vogel“ passiert ist – als Treibgut würde es eigentlich der Crew der Compañera zustehen. Falls also jemand das Motor- oder Segelboot Vogel kennt, würde ich mich über eine Nachricht freuen: mike.hecker@yca.at
Die FB4-Prüfung wird mir noch lange in Erinnerung bleiben, da ich den Törn auf der Compañera sehr genossen habe und der Zusammenhalt der Crew vorbildlich war. Alle Kandidaten haben die Prüfung bestanden – ich wünsche ihnen alles Gute auf ihrem weiteren seemännischen Kurs!