Fehler passieren immer wieder: manchmal aus Unkenntnis, manchmal aus Übermut – und manchmal auch dann, wenn man nicht hört und/oder seinen Instrumenten blind vertraut.
Von Gottfried Titzl Rieser

Das ist eine Freude: Endlich wieder auf dem Wasser, endlich wieder Meeresluft, endlich wieder eine Woche segeln mit Freunden.
Der Check-in hat perfekt funktioniert, die Yacht ist superfein sauber, die Bettwäsche in den Kabinen … und da lacht das Herz des Skippers: ein Navi-Tisch mit allen Raffinessen. Das Funkgerät auf GMDSS-Standard, CD-Player mit Bluetooth-Funktion, Radar-AIS-GPS-Plotter. Herz, was willst du mehr, dem perfekten Törn steht hinsichtlich Technik an Bord nichts im Wege.
Der verantwortungsvolle Skipper ist natürlich gut vorbereitet. Er hat die Tagesetappen zu Hause ausgezirkelt, die Koordinaten der Badebuchten und der Wirtshäuser fein säuberlich notiert – und schon geht’s los: Das Menü des Plotters wird aufgerufen, Wegpunkte werden gesetzt und natürlich miteinander verbunden. Man will ja auf Nummer sicher gehen, dem Zufall wird nichts überlassen. Das Gerät kann ja alles, es zeigt den gefahrenen Track, es zeigt das Ziel, es zeigt die Abweichung vom Kurs in Grade und in Seemeilen, es zeigt die Höhe zum Wind, es schlägt den optimalen Zeitpunkt für die Wende vor und und und.
Am vierten Tag aber ruft der Rudergänger dem Skipper zu: „Hey Skippi, wir sind aber schon ziemlich im seichten Wasser!“ Und der ruft zurück: „Nema problema, ich habe alles ins System eingegeben, da kann uns nichts passieren!“ Kaum ausgesprochen, macht es auch schon „Rumms“, die Yacht neigt sich, die Crew stürzt nach vorne, Gläser und Geschirr rumpeln durchs Schiff.
Die Yacht ist aufgelaufen, der Urlaubstörn ist vorbei. Der Vercharterer wird informiert. Es wird eine aufwändige Bergeaktion organisiert, die Yacht in den nächsten Hafen geschleppt, sie muss gekrant und auf Schäden hin untersucht werden.
In dieser Geschichte gehen wir davon aus, dass die Crew – abgesehen von ein paar blauen Flecken – den Crash heil überstanden hat. Immerhin gibt es in solchen Fällen Worst-Case-Szenarien: Knochenbrüche, Schädel-Hirn-Traumata, offene Wunden, ausgeschlagene Zähne, Brand in der Pantry, Personen über Bord etc.
Was war passiert?
War der Skipper nicht gut genug vorbereitet? Was hat er denn übersehen? Tatsächlich hat er einen gravierenden Fehler begangen: Er hat zwar alle seine Wegpunkte gesetzt, allerdings nicht darauf geachtet, dass gefühlte tausend Wegpunkte vor ihm gesetzt wurden. Beim Erstellen seiner Route hat er irrtümlich einen Wegpunkt eines seiner Vorgänger erwischt. Die Route führte ihn durch diesen falschen Wegpunkt über eine Untiefe.
Was lernen wir daraus? Diesmal kann ich nicht einmal „Shit happens“ sagen! Auf jedem GPS-Plotter gibt es die Zaubertaste Lösche alle Wegpunkte – diese Taste ist vor Beginn der Routenplanung unbedingt zu betätigen! Jeder geplante Track muss mit der Zoom-Funktion überprüft werden.
Elektronische Navigation ist ja schön und gut, der gesunde Menschenverstand darf dennoch nicht ausgeschaltet werden. Jeder Skipper muss auf die Beobachtungen seiner Crew hellhörig reagieren.
Angesichts der immer ausgefeilteren Technik an Bord, die uns das Navigieren erleichtert, darf die gute alte Auf-Sicht-Navigation dennoch nie in den Hintergrund rücken!

Gottfried Titzl Rieser ist Ausbildungsreferent des Yacht Club Austria. Er ist passionierter Fahrtensegler und hat insgesamt so um die 20.000 Seemeilen in seinen Logbüchern dokumentiert. Sein Motto: „Die See ist der beste Lehrmeister!
Fotos: Shutterstock, privat