Die Schiffswerft Punat feiert 100 Jahre Erfolgsgeschichte. Sonstwo würde ein vergleichbares Jubiläum vielleicht unbemerkt verstreichen, aber in Punat ist dieser Jahrestag mit dem Wohlstand der gesamten Inselgemeinde verbunden. Denn dank der Bootswerft Punat und später der Marina Punat ist dieser Ort auf der Insel Krk vom Schicksal zahlreicher Inseldörfer verschont geblieben und konnte sich zu einem modernen Wassersportzentrum entwickeln. 

Die Anfänge waren ziemlich bescheiden. Anfang des 20. Jahrhunderts spielte der Bootsbau auf der Insel Krk eine untergeordnete Rolle. Wer ein Boot brauchte, bestellte es in den unweit gelegenen Werften von ­Rijeka und Mali Lošinj.  

1907 gab es in Punat gerade einmal zwei Bootsrampen für Repa­raturen an kleineren Booten. Auf einer dieser Stellflächen baute der junge Bootsbauer Nikola Zorić 1920 ein kleines Boot für einen ­privaten Auftraggeber. Ermutigt durch den Erfolg seiner Arbeit, ­erwirkte er am 22. Juni 1922 eine Genehmigung, die ihm erlaubte, das Handwerk eines Bootsbauers auszuüben, d. h. neue Boote und kleine Lastkähne mit einer Maximallänge von 8 m und einer maximalen Tragfähigkeit von 5 t zu ­bauen. Damit war der Grundstein sowohl für die künftige Werft als auch für etliche Betriebe und Unternehmensbereiche gelegt, die heute zur Marina Punat Gruppe gehören.

Von den rund 60 Werften, die sich damals an der östlichen Adria befanden, lagen zwei größere in den Krker Orten Baška und Klimno. Da man Anfang des 20. Jahrhunderts ausschließlich Boote aus Holz baute, waren auch die Berufe mit dem Holzbootsbau verbunden. Der Bootsbauer, auf seine Weise Ar­chi­tekt und Bauingenieur in einer ­Person, kümmerte sich um die Planzeichnungen und die Konstruktionsweise der Boote und trug die Verantwortung für den gesamten Bauprozess, vom Bug bis zum Heck. 

Zimmermänner schnitten Holz für das Skelett des Bootes und Planken für die Verkleidung. Schmiede fertigten Eisennägel, die für die ­Befestigung und Verbindung der Holzbohlen benötigt wurden. Kal­faterer dichteten die Nahtstellen zwischen den Holzplanken mit Hanffasern und Dichtstoffen ab. ­Segeltuchmacher nähten und reparierten die Segel. 

Zwischen den beiden Weltkriegen wurden erstmals Dieselmotoren eingebaut und die Stahlbauweise ­gewann an Bedeutung – ab Mitte der 1960er-Jahre auch die Verwendung von glasfaserverstärktem Kunststoff. Die Zahl elektrischer Geräte nahm zu, Ende des 20. Jahrhunderts auch die von elektronischen Bauteilen, sodass die heutigen Berufe rund um den Bootsbau ein ganz anderes Profil haben als früher. 

Lastschiff Primorje (1940).

Mechaniker, Maschinentechniker, Maschinenschlosser, Schweißer, Elektriker, Anstreicher, Verfahrensmechaniker und Elektronikspezialisten sind die gefragten Berufe im modernen Bootsbau. Von den traditionellen ist nur noch der des Segelmachers so populär wie früher.
Als die Werft nach dem Zweiten Weltkrieg vom sozialistischen Staat Jugoslawien konfisziert wurde, wanderte Nikola Zorić, Gründer und Eigentümer der Firma, nach Italien aus. In den folgenden 45 Jahren lag die Unternehmensführung in den Händen von Arbeiterräten und anderen Verwaltungsorganen. Anfang der 1990er-Jahre wurden die Firmenanteile im Rahmen eines Pri­vatisierungsprozesses an die Mit­arbeiter verkauft, die bis heute als Mehrheitseigentümer der Werft ein Mitwirkungsrecht haben. 

Die Bootswerft Punat beschäftigt in erster Linie Bewohner der Insel Krk. Ebenso wie der Firmengründer Nikola Zorić, der seinen ersten Lehrlingen das nötige Know-how für den Bootsbau beibrachte, fungiert auch die heutige Punater Werft als Ausbildungsbetrieb. Dazu gehören vor allem Schulungen in zeitgemäßen, für den Bootsbau benötigten Berufen. 

Ruhm, Ruin, Renaissance
Die ersten in Punat gebauten Boote waren kleinere Holzboote und Fischerboote. Schon bald wurde die Bootsbauanlage jedoch erweitert und es entstand eine richtige Werft, in der immer größere Boote und auch Schiffe mit Motorantrieb hergestellt wurden. 
So startete man 1940 mit dem Bau des Lastschiffs Primorje, das mit ­einer Länge von 35 m das größte jemals in Punat gebaute Schiff ist. Als nach dem Zweiten Weltkrieg Stahl als Material im Schiffsbau an Bedeutung gewann, richtete man in Punat den Fokus verstärkt auf Überholungsarbeiten sowie auf den Bau von Fischer- und Freizeitbooten.

Hier sind vor allem die drei mit Motorantrieb versehenen Holz­boote ABC zu erwähnen – genauer gesagt Athen, Belgrad und Cairo –, die 1964 für einen deutschen Auftraggeber gebaut wurden und nach dessen Wunsch dauerhaft an der Adria bleiben sollten. Die Bootswerft richtete also einen Überwinterungsplatz für diese Boote ein. Rasch waren diese in ­Punat angebotenen Überwinterungsmöglichkeiten für Freizeitboote sehr gefragt und so gilt das Jahr 1964 als Startjahr für den Bootstourismus und als Gründungsjahr der Marina ­Punat – der ersten Marina an der ostadriatischen Küste.

Die ersten gebauten Freizeitboote (1964); der erste Holzsteg der Marina (1968); KK 166, eines der ersten großen Schiffe (1968); der Rumpf der Yacht Jadranka für Tito wurde ebenfalls in Punat gefertigt (1976).

Der Bau zweier Luxusyachten, die 1967 vom Stapel liefen, mündete für die Werft beinahe in einem Desaster. Denn entgegen den Bauplänen, die eine Länge von 26,9 m vorsahen, betrug die tatsächliche Länge nach dem Bau 28,1 m, und auch die Ausstattung war am Ende erheblich ­aufwendiger als vorgesehen: mehr Motoren, Klimaanlage, Mahagoni statt Eiche usw. Die Kostensteigerung hätte die Werft beinahe in den Bankrott geführt, aber die Arbeiter verzichteten auf einen Teil ihres Lohnes, leisteten zusätzliche Arbeiten und schafften es auf diese Weise, die Krisenzeit zu überbrücken und den Fortbestand ihres Unternehmens zu sichern. Für die hochwertige bauliche Qualität dieser Yachten spricht die Tatsache, dass beide bis heute uneingeschränkt fahrtüchtig sind und unter den Namen Montego und Gentleman Jack auf See fahren. 

Zu den erwähnenswerten in ­Punat gebauten Schiffen gehört s­icherlich auch die 34,4 m lange ­Luxusyacht Jadranka, deren Rumpf in der Punater Werft entstand. Ihr Eigner war der damals wohl weltweit bekannteste Lebemann, der ­jugoslawische Präsident Josip Broz Tito. Die endgültige Fertigstellung und die Ausstattungsarbeiten der Yacht wurden von der Werft Kraljevica ausgeführt.

Zu den bedeutendsten Unter­nehmungen gehört aber sicher die Vertiefung des Eingangskanals der Bucht Puntarska Draga. Nachdem der erste, 1913 unternommene Versuch gescheitert war, machte man sich erst 2010 erneut an diese Aufgabe. Mithilfe des Baggerschiffs ­Medusa, das in der Werft für diesen Einsatz funktionsgerecht adaptiert worden war, gelang eine probeweise Vertiefung bei Buka, bereits dieser kleine Eingriff sorgte für einen erhöhten Zufluss von Meereswasser, verbesserte also den Wasseraustausch zwischen Bucht und Meer. 

Links: Ausbau der seit 1964 bestehenden Liegeplätze zur werfteigenen Marina Punat. Rechts: Erste Regatta (1985) des Segelvereins Punat, der 1951 mit Unterstützung der Werft Punat gegründet wurde.

Sportlich, jung, Modern
1985 fand in Punat erstmals eine Regatta statt, der Segelverein war bereits 1951 gegründet worden. Die Werft fungierte von Anfang an als Förderer, viele Kinder der Werftfachkräfte sind aktive Vereinsmitglieder.

Als vor rund zehn Jahren ein Großteil der Beschäftigten gleichzeitig in Pension ging, übernahm eine neue Generation das Ruder. Dieser Wechsel auf Management-Ebene ging mit einer Umorganisa­tion der betrieblichen Einheiten zu einer zeitgemäßen Unternehmensgruppe einher. 

Familienfoto: Das Kernteam der Marina Punat Gruppe.

Derzeit liegt der Altersdurchschnitt der Beschäftigten bei ca. 45 Jahren. Sie verfügen über das ­erforderliche Know-how zur ­Instandsetzung moderner Boote, beherrschen aber auch traditionelle Fertigkeiten wie z. B. das Flechten von Leinen.

Links: Arbeitsschiff zur Instandhaltung und Erweiterung der Stege. Rechts: Der bestehende Travel-Lift (100 t) bekommt demnächst einen -großen Bruder (500 t).

Heute machen Instandsetzungen sowie Umbauten und Nachrüstungsarbeiten an Schiffen bis 50 m Länge und 600 t Verdrängung den Großteil der Werftarbeiten aus. Fähren und Schiffe der staatlichen Personenschifffahrts-Gesellschaft Jadrolinija und der Reederei Rapska Plovidba, Patrouillenboote des Innenministeriums und Touristenschiffe lokaler -Unternehmen sind in der Werft ebenso zu sehen wie Freizeitboote aus der Marina Punat. 

www.marina-punat.hr

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