Seesterne zählen nicht nur wegen ihrer sternförmigen Gestalt zu den Stars unter den Meeresbewohnern. Auch ihr hoher Bekanntheitsgrad macht sie zu VIPs der Unterwasserwelt …
Von Dr. Reinhard Kikinger

Wohl jeder von uns kann Seesterne als solche erkennen und von anderen Meerestieren unterscheiden. Neben Fischen, Muscheln und Schnecken sind Seesterne jene Tiere, die in unserer Vorstellung das Meer am besten repräsentieren. Woran mag das liegen? Wahrscheinlich daran, dass sie von Tauchern und Schnorchlern häufig gesehen werden. Im Gegensatz zu versteckt lebenden und kleinen Organismen sind sie oft farbenprächtig, groß und kaum zu übersehen. Obwohl sie jeder erkennt, stecken sie doch voller Geheimnisse: Wo ist bei Seesternen vorne, wo hinten? Wie bewegen sie sich fort? Was fressen sie, wer sind ihre Verwandten und wie vermehren sie sich?

Viele tropische Seesterne sind besonders farbenprächtig – dazu gehört auch der Rote Maschenstern (Fromia monilis, Abb. rechts). Diese Art wird nur etwa acht Zentimeter groß, ist wegen ihrer Buntheit aber kaum zu übersehen.
Fossile Funde belegen, dass Seesterne seit über 400 Millionen Jahren die Ozeane bewohnen. Heute sind um die 1.600 Arten von Seesternen aus allen Meeren und Tiefen bekannt. Sie zählen zu einer Gruppe von Tieren, die Stachelhäuter (Echinodermata) genannt werden. Dieser Name bezieht sich auf das Skelett, das aus Kalkplättchen besteht und häufig Stacheln trägt. Neben den Seesternen zählen die Seeigel, die Seegurken sowie die Schlangen- und Haarsterne zu dieser Gruppe.
Systematik
Stamm: Stachelhäuter (Echinodermata)
Klasse: Haarsterne (Crinoidea)
Klasse: Seegurken (Holothuroidea)
Klasse: Seeigel (Echinoidea)
Klasse: Seesterne (Asteroidea)
Klasse: Schlangensterne (Ophiuroidea)

Sternförmige Spezialisten
Seesterne haben einen sternförmigen Umriss mit einer zentralen Körperscheibe und meist fünf Armen. Die Mundöffnung befindet sich an der Unterseite der Körperscheibe. Ein Vorder- und Hinterende gibt es nicht, denn sie sind radiär symmetrisch. Sie können sich in jede Richtung bewegen. Das tun sie mit hunderten kleinen Füßchen, die sich in den Armrinnen befinden und durch ein kompliziertes hydraulisches System gesteuert werden. Bei felsbewohnenden Arten tragen diese Füßchen zusätzlich kleine Saugnäpfe, mit denen sie sich am Fels festhalten können. Seesterne der Sandböden haben stattdessen spezielle Stacheln und Füßchen, mit denen sie sich rasch eingraben können.


Fressen und gefressen werden
Die meisten Seesterne ernähren sich räuberisch oder sind Allesfresser. Zu ihrer bevorzugten Beute zählen langsame Tiere wie Schnecken und Muscheln. Einige Arten ernähren sich auch von Korallenpolypen.

leerfressen. Die Stacheln sind auch für unvorsichtige Taucher gefährlich. Dieser Seestern besitzt einen giftigen Hautschleim, der durch den Stich der Stacheln in die Wunde gelangt und sehr schmerzhaft ist.
Für die berüchtigte Dornenkrone (Acanthaster planci) sind Korallen sogar die Hauptnahrung. Massenauftreten dieses Seesterns führen zu schweren Schäden im Korallenriff. Als Auslöser für dieses temporäre Massenauftreten der Dornenkrone werden unterschiedliche Ursachen diskutiert, unter anderem auch der Rückgang einer großen Schnecke, des Tritonshorns (Charonia tritonis). Sie frißt die Dornenkrone, wird aber wegen ihrer schönen Schale leider häufig gesammelt, getötet und in Souvenirläden angeboten.

Trickreiche Fortpflanzung
Zu den erstaunlichsten Fähigkeiten der Seesterne zählt ihr phantastisches Regenerationsvermögen. Das wird nicht nur zur Heilung von Verletzungen eingesetzt, sondern auch zur Fortpflanzung. Manche Seesternarten werfen Arme ab, die sich zu kompletten neuen Seesternen entwickeln. Der aufmerksame Taucher kann diese ungeschlechtliche Form der Fortpflanzung häufig beobachten. Aber auch sexuell pflanzen sich Seesterne fort, indem sie Eier und Samen in das umgebende Wasser entlassen. Aus dem befruchteten Ei entwickelt sich eine winzige Larve, die als Teil des Planktons in der Meeresströmung driftet. Sie durchläuft nach einiger Zeit eine Metamorphose, sinkt zu Boden und beginnt ein neues Leben als Seestern.

Artenschutz
Leider werden auch Seesterne so wie Muscheln, Schnecken, Seepferdchen und viele andere Meeresbewohner als Souvenirs missbraucht. Dafür sterben sie zu tausenden und enden als ausgebleichtes und oft stinkendes Andenken.
“Seesterne eignen sich nicht als Souvenir. Die getrockneten Tiere
beginnen zu stinken und verlieren ihre schönen Farben.”
Der umweltbewusste Urlauber verhält sich anders. Er genießt die Schönheiten der Unterwasserwelt, ohne sie zu plündern und zu zerstören. Dazu gehört die Bereitschaft, keine Meerestiere zu berühren, sie nicht aus dem Wasser zu heben und auch keine Souvenirs zu kaufen, die aus dem Meer stammen. Denn wäre es nicht schade, wenn die „Sterne des Meeres“ verloren gingen?




Literatur
Goldschmid, A. (2003). Echinodermata, Stachelhäuter. In: W. Westheide & R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 1. Einzeller und Wirbel- lose Tiere. Spektrum, Heidelberg.
Gosliner, T.M., D.W. Behrens & G.C. Williams (1996). Coral Reef Animals of the Indo-Pacific. Sea Challengers, Monterey California.
Dieser Artikel erschien in OCEAN7 12/2007. Wissenschaftliche Artnamen wurden in dieser Online-Version aktualisiert und gemäß WoRMS (World Register of Marien Species) auf den letzten Stand gebracht.

Fotos: Dr. Reinhard Kikinger
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