Abenteuer und Meer | ocean7

Abenteuer und Meer

von | Jan 14, 2022

Nachdem sie zweimal verschoben werden musste, wurde die 14. Alpe Adria Sailing Week im Oktober doch noch gestartet. Die Freude war da, dann kam aber auch die Schwarze Bora: Aufgrund der Gefahr musste die Regatta vorzeitig beendet werden. Womit die eigentliche Herausforderung begann – die Yachten in der Nacht in Sicherheit in ihre Heimathäfen zurückzubringen. Ein Erfahrungsbericht von Profiseglerin Conny Schifter, die sich ihre fünfte Teilnahme an der Regatta wohl etwas anders vorgestellt hatte. 

Von Conny Schifter, Fahrtenseglerin, Regattaseglerin und als Ausbildnerin für den Yacht Club Austria

Die 14. Alpe Adria Sailing Week (AASW) hatte keinen leichten Start. Letztes Jahr aufgrund der Pandemie abgesagt, musste die Regatta heuer aus demselben Grund von Mai auf Oktober verschoben werden. Am 3. Oktober dann endlich das „Go“ in der Marina Punat auf der Insel Krk. Am ersten Tag nach dem ­ersten „Staberl“ zu wenig Wind für weitere Wettfahrten, am zweiten Tag zu viel Wind, am dritten Tag eine verkürzte Wettfahrt. Und dann begannen die Probleme erst so richtig. 

Die Vorbereitungen
Der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage eine Schwarze Bora vorausgesagt, weitere Wettfahrten waren keine Option mehr. Vorrangiges Ziel war es jetzt, die Segelyachten von Punat möglichst schnell in Sicherheit in ihren Heimathafen nach Murter zu bringen.
Bei einer kurzen Skipperbesprechung wurde genau das abgeklärt. Die Veranstalter organisierten Pizza am Steg, während die Crews die Boote klar für den Starkwind machten. Spibäume wurden verräumt, die doppelten Schoten ­aufgeschossen – es war offensichtlich, sie würden in den nächsten zwölf Stunden nicht zum Einsatz kommen. Das Tape auf den Beschlägen und Klampen und die Protest­flagge am Achterstag wurden entfernt. So verwandelten sich die Schiffe langsam von Regattabooten wieder in Fahrtenyachten. 
Bald war eine gewisse Anspannung unter den Crews bemerkbar, am Steg wurden Diskussionen geführt. Tipps und Routenoptionen wurden ausgetauscht. Wo würde der Wind schwächer oder die Richtung vorteilhafter sein? Am Abend ging es dann los. 

Sturmfahrt
An Bord unserer Leo waren wir zu viert. Alle hatten ausreichend Erfahrung, was die Wacheinteilung recht einfach machte: jeweils
zwei Personen zu je drei Stunden. 
Kurz nach dem Auslaufen blies bereits ein angenehmer Wind, der uns volle Segel setzen ließ. Es war ein wunderschöner Abend, die ersten Sterne waren schon zu sehen, und das Schiff rauschte am Wind dahin. 

Während meiner Wache, zwei Stunden waren bereits vergangen, begrüßte uns die Schwarze Bora mit all ihrer Kraft. Als bei maximal gerefftem Segel, 30 Knoten Böen und einer besetzten Großschot wie im Regattamodus unsere Leo trotzdem noch zu luvgierig war, beschlossen wir, das Groß­segel ganz zu bergen und nur mehr mit stark gereffter Genua weiterzusegeln. 
Schiff und Crew waren sofort wieder entspannt und ruhig. Mit dem Ende meiner Wache setzte der Regen ein und der Wind ließ nach. Während meine Crew-Kol­legen das Ölzeug fester um sich wickelten und den Motor starteten, kroch ich müde ins Bett. 

Zu meiner nächsten Wache war der Regen zwar noch da, die Bora dafür aber auch wieder zurück. Nur mit Vorsegel erkundeten wir mit dem Fernglas unsere Gegend, identifizierten Leuchtfeuer, be­obachteten andere Boote. 
Der Sonnenaufgang zauberte ein Lächeln in unsere vor Kälte ganz rot gewordenen Gesichter und als der Regen dann auch noch aufhörte, waren wir überglücklich.

Happy End
In Murter angekommen, trafen wir auf unsere Segelkollegen. Alle waren müde und durchgefroren, aber wohlauf. Die Verwunderung war groß, als wir ­erfuhren, dass die Busse aus Krk Verspätung hatten, weil die Brücke zum Festland gesperrt war. Anscheinend darf sie ab einer Windgeschwindigkeit von 120 km/h nicht mehr befahren werden. Während wir Richtung Süden dem wirklich starken Wind davongesegelt waren, hatte die Bora mit all ihrer Wucht in Punat zugeschlagen. Einige ­wurden bei dieser Information etwas bleich um die Nase. 
Als wir abends gesund und ­sicher zurück in Punat waren, konnte man die Erleichterung in den Gesichtern der Veranstalter sehen. Auch wenn die diesjährige Alpe Adria Sailing Week ganz anders als erwartet ablief, passte das Motto „Segeln unter Freunden“ wie immer. 

Der Einsatz und die Hilfsbereitschaft jedes Einzelnen und die Zusammenarbeit aller ist nicht nur gelebte Seemannschaft, sondern zugleich Motivation der Veranstaltung. So stelle ich mir „Segeln unter Freunden“ vor und genau das ist es, was die Alpe Adria Sailing Week so besonders macht. Freu mich schon auf das Wiedersehen 2022!

Fotos: Dr. Udo Reichmann

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