Der Bodensee ist ein europäisches Binnengewässer, das Grenzen von Österreich, Deutschland und der Schweiz an seinen Ufern hat. Da die Regeln für Binnengewässer in diesen drei Ländern nicht identisch sind, gibt es verschiedene Verordnungen für die Freizeitschifffahrt.
In Österreich ist z. B. ein Bootsführerschein vorgeschrieben für Motorboote ab 4,4 kW, in der Schweiz ab 6 kW, in Deutschland ab 11,03 kW. Für Segelboote ist in Österreich kein Bootsführerschein vorgeschrieben, in der Schweiz ab 15 m² Segelfläche und in Deutschland nur in Berlin ab 3 m² Segelfläche.
Für die Bodenseeschifffahrt waren diese Unterschiede nachteilig und unübersichtlich. Daher einigten sich Österreich, Deutschland und die Schweiz ab 1. 1. 1976 auf ein Übereinkommen für die Schifffahrt auf dem Bodensee. Aufgrund dieses Übereinkommens traten gleichlautende Verordnungen für die Schifffahrt in Kraft, eine Internationale Schifffahrtskommission für den Bodensee und eine Schiedskommission zur Beilegung von Meinungsstreitigkeiten wurden installiert. Die österreichische Verordnung dazu ist die Bodensee-Schifffahrts-Ordnung. Darin werden nebst Verkehrsregeln, Schifffahrtszeichen und Ausrüstungsvorschriften auch die nötigen Bootsführerscheine unter dem Namen „Bodenseeschifferpatent“ definiert:
Kategorie A: für Fahrzeuge (auch Segelboote) mit Maschinenantrieb, nötig ab Motorisierung mit 4,4 kW.
Kategorie B: Fahrgastschiffe;
Kategorie C: Güterschiffe sowie schwimmende Geräte mit eigenem Antrieb;
Kategorie D: Nötig für Segelfahrzeuge ab 12 m² Segelfläche.
Die Kategorien „A“ und „D“ betreffen die Freizeitschiffer. Zum Erwerb dieser Bootsführerscheine sind eine Theorie- und eine Praxisprüfung abzulegen. Für den abfließenden Rhein ab Stein bis Schaffhausen ist eine eigene Prüfung erforderlich. Andere österreichische und deutsche Bootsführerscheine gelten zunächst nicht auf dem Bodensee. So wurde erreicht, dass auf dem Bodensee einheitliche Regeln gelten.
Ferienpatent
Wie können jetzt österreichische und deutsche Freizeitschiffer, die kein Bodenseeschifferpatent besitzen, den Bodensee befahren? Österreicher älter als 14 Jahre können für Segelboote das Bodenseeschifferpatent Kategorie „D“ machen, ab 18 Jahren ein Bodenseeschifferpatent Kategorie „A“ für Motorboote. Für zeitlich begrenzten Aufenthalt bietet die Verordnung ein „Bodensee Ferienpatent“ mit folgendem Wortlaut: „Besitzt der Führer eines Vergnügungsfahrzeugs einen in einem Bodenseeuferstaat ausgestellten amtlichen Befähigungsnachweis, der nicht für den Bodensee gilt, oder das Internationale Zertifikat nach der ECE-Resolution Nr. 40 TRANS/SC.3/147, so werden der Befähigungsnachweis und das Internationale Zertifikat als Schifferpatent für insgesamt 30 Tage innerhalb eines Kalenderjahres anerkannt. “Dieses Ferienpatent kann beantragt werden bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, Bahnhofstraße 41, 6901 Bregenz. Siehe auch https://vorarlberg.at/-/ferienpatent-bodensee-formular
Amtlicher Segelschein
Für das Ferienpatent Kategorie „A“ ist also ein amtlicher österreichischer Befähigungsnachweis für Seen und Flüsse oder für die Wasserstraßen (inkl. Seen und Flüsse) nötig. Dieser ist entweder behördlich ausgestellt oder als „Internationales Zertifikat“ laut ECE-Resolution Nr. 40 TRANS/SC.3/147 gültig. Die ECE-Resolution Nr. 40 deckt aber auch die „International Zertificate“ (Fahrtbereich 1 bis 4) für das Meer ab, welche dann ebenso gelten müssten.
Für das Ferienpatent Kategorie „D“, also Segelboote, gibt es keinen amtlichen Befähigungsnachweis in Österreich, der anerkannt wird. Wenn aber jemand ein Internationales Zertifikat (Fahrtbereich 1 bis 4 für das Meer vom Typ „M und S“, also Motor und Segel) hat, so müsste dieses gelten. Umgekehrt gilt ein Bodenseeschifferpatent „A“ und / oder „D“ auch auf Seen und Flüssen des restlichen Österreich, nicht aber auf den Wasserstraßen. Wenn man also einen amtlichen österreichischen Segelschein besitzen will, dann kann man ein Bodenseeschifferpatent Kategorie „D“ machen und darf damit auf Seen und Flüssen im gesamten Bundesgebiet segeln. Allerdings darf man das ohne den Schein auch.
DI Harald Melwisch, Präsident des „King Yachting Club“,
Prüfungsreferent des MSVÖ – Motorbootsport und Seefahrts
Verband Österreich und langjähriger Experte auf dem Gebiet der
Berufs- und Freizeitschifffahrt.
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