Kurt Ecker war nicht nur der Urvater des Vercharterns und des Skippertrainings in Österreich, sondern auch der Erfinder einer anspruchsvollen Hochseeregatta für Hobby-Segler. Das Regelwerk für das 1.000-Meilen-Race war so durchdacht und die Organisation so engagiert, dass bis heute keine annähernd vergleichbare Regatta-Serie stattgefunden hat.
Von Bobby Schenk, Fotos: Georg Gindl
Fahrtensegler träumen doch alle davon, einmal auf einer Hochsee-Segelregatta mitzusegeln, groß in der Zeitung herauszukommen und als Seehelden gefeiert zu werden. Der Realisierung stehen leider in der Regel ein paar große Kleinigkeiten im Wege – die Finanzierung, der Zeitaufwand, die Erfahrung, die Kontakte! Kurzum, bei großen Hochsee-Rennen teilzunehmen, ist für den Normalo unter den Seglern ein unerfüllbarer Traum.
Ein großes Aber! Mit Kurt Ecker gab es einen Österreicher, der diesen Traum vom Breitensport-Hochsee-Regattasegeln verwirklicht hat.
Der Beginn der Charter-Agentur
Kurt Ecker segelte mit einer solchen Begeisterung, dass er bald begann, auf seiner Yacht Gäste mitzunehmen. Auf seinen Törns entdeckte er, dass er eine Menge Segler glücklich machen kann, die sich keine eigene Yacht leisten konnten. So entstand Anfang der 1980er-Jahren seine eigene Charter-Agentur – Ecker Yachting.
Voller Enthusiasmus stürzte sich Ecker in dieses Geschäft, das eigentlich für ihn mehr Hobby war. Seine Firma wuchs und wuchs und wurde dank des guten Namens, den die Firma wegen des hervorragenden Service und der guten Betreuung der Gäste errang, bald zur größten deutschsprachigen Charter-Agentur. Ecker war einer der Ersten, der eigene Stützpunkte im Mittelmeer und in der deutschen Ostsee einrichtete, und schließlich hatte Ecker Yachting an die 200 Schiffe im Angebot.
Die Erfindung des Skippertrainings
Allerdings stellte Kurt Ecker schon sehr bald etwas fest, was jeder Fahrtensegler bestätigen kann: Ist das Urlaubssegeln an und für sich nicht sehr aufregend, so liegen doch meist die Nerven blank, wenn die Yacht wieder in den Hafen einfährt.
So kam Ecker als Erster auf die Idee, nicht nur Chartertörns zu veranstalten, sondern seinen Gästen nach Möglichkeit auch die schwierigsten Punkte beim Fahrtensegeln beizubringen – nämlich das An- und Ablegen im Hafen, am Ankerplatz oder auch an der Boje.
Er bot Skippertrainings an, bei denen die Segler an zwei oder drei Tagen nichts anderes zu tun hatten, als An- und Ablegemanöver zu üben. Aus diesen Skippertrainings gingen mehrere tausend – keine Übertreibung – Segler hervor, die bei diesen Intensivlehrgängen praktisch lernten, wie man die Yacht sicher ablegt und wieder unbeschädigt nach Hause bringt.
Eine Hochseeregatta für Freizeitsegler
Aber das war an Erfolg nicht genug für Kurt Ecker. Er wollte dem „normalen“ Fahrtensegler etwas ganz besonderes bieten: eine Fahrten-Hochsee-Segelregatta für jedermann!
Wichtigster Punkt dabei: Ecker wollte die hoch bezahlten Profis von der Wettfahrt fernhalten, um den übrigen Seglern nicht die Freude an dem großartigen Erlebnis einer Hochseeregatta zu nehmen.
Die Lösung war ebenso genial wie einfach: Kurt Ecker verbot bei seinen Regatten die Verwendung der Spinnacker. Denn normalerweise braucht man für die Bedienung eines Spinnackers, wenn es also um den Speed des Bootes geht, eine gut geschulte Mannschaft und vielfach ein ausgiebiges Training vor dem Rennen. Um diesen Vorteil beraubt, verloren die Profis rasch das Interesse.
1.000 Meilen müssen sein
Eckers zweiter genialer Schachzug war: Die Regatta musste mindestens 1.000 Seemeilen weit gehen, also zu ihrem Ziel weit hinterm Horizont führen. Zur Erinnerung: Segler auf Urlaubstörn segeln in den zwei, drei Wochen Urlaub im Jahr selten mehr als 200 bis 300 Seemeilen.
Zudem sollte die Regatta aber im Mittelmeer stattfinden, einem Revier, das von den umliegenden Ländern schnell erreichbar ist. Mit dem Zirkel – auf 1.000 Seemeilen eingestellt – war ein entsprechendes Ziel von Kroatien aus leicht zu finden: Ägypten. Genauer: die Hafenstadt Alexandria.
Außerdem sollte so eine Regatta vom Wetter her anspruchsvoll sein, und damit wäre das sommerlich windarme Mittelmeer sicher nicht die richtige Wahl. Aber eine Wettfahrt im späten Oktober würde zu einer sehr anspruchsvollen Regatta werden.
Cleveres Regelwerk
Bevor der erste Ecker-Cup 1990 gesegelt wurde, galt es noch zahlreiche Fragen zu lösen. Zum Beispiel: Wo finden sich gut 50 Liegeplätze fürs Regattafeld im Spätherbst? Die Ägypter versprachen, das Problem zu lösen, und sie hielten ihr Versprechen.
Sollten nur Ecker-Yachten teilnehmen? Nein, jeder konnte mit einer beliebigen Yacht antreten. Die einzige Voraussetzung für die Teilnahme war: kein Spinnaker!
Sollte man den Einsatz von Hilfsmotoren erlauben? Ja, aber die „Zeitstrafen“ wurden so hoch angesetzt, dass sich nur rentieren würde, möglichst viel zu segeln.
Würde man einen Zwischenstopp benötigen? Ja, nach ca. 500 Seemeilen in Griechenland, um unterwegs den Yachten einen Rund-um-Service bieten zu können.
Presse und Sponsoren? Ja, bitte!
Noch drei bemerkenswerte Details, die nicht unwesentlich zum Erfolg des Ecker Cups beitrugen: Die Öffentlichkeit sollte erstens ebenso an der Regatta teilnehmen und die Cracks auf hoher See bewundern können. Was Kurt Ecker daraufhin veranlasste, ein ganzes Fernsehteam vom ORF (es waren neben den Kameraleuten allein drei Tontechniker hierfür abgestellt) auf den Begleitschiffen mitzunehmen. So konnten später Familien und Freunde zuhause die Rennen um die Pokale im Fernsehen bewundern und begleiten, und zwar auf einem ganz prominenten Sendeplatz, nämlich nachmittags an Silvester auf ORF und später dann auch auf 3sat.
In der Außenwirkung sollte es zweitens ähnlich zugehen wie bei den berühmten, ganz großen Rennen der Profis. Werbung und damit Sponsoren wurden je nach Einfallsreichtum der Teilnehmer praktisch unbeschränkt zugelassen. Zwar waren auf den Yachten nicht die Embleme von Mercedes, Oracle oder RWE zu sehen, aber an der Reling flatterten Banderolen von der Sparkasse XY-Dorf oder vom Power-Brot für Segler vom Dorfbäcker.
Die Teilnehmer haben kein Vermögen verdient, die Werbeeinnahmen beschränkten sich vielleicht auf eine Ladung Konservendosen, ein paar Kisten Bier oder eine Spende für T-Shirts mit dem Schiffsnamen drauf. Aber immerhin!
Mit Begleitung
Eine dritte geniale Idee Kurt Eckers war, dass er nicht nur ein paar Dutzend Hochseeyachten ins Rennen schickte, sondern auch Familien und Freunden ermöglichte, gegen ein maßvolles Entgelt ihre Teilnehmer beim Reiten über das Meer verfolgen und beobachten zu können.
Die dafür notwendigen Begleitschiffe, die neben den Zuschauern auch Service-Mannschaft, Schiedsgericht, Rennleitung, Kamerateams, Presse, später auch Sitzgelegenheiten für die Siegerehrung transportierten, mussten immer größer werden, um dem expandierenden Regattafeld gerecht zu werden. Sie fingen beim ersten Rennen mit einer 25-m-Yacht an und wuchsen dann über eine 35- und 50-m-Motoryacht bis zu einem Rahsegler mit 108 m Länge.
Go, Bachmanning, Go!
Mit zwölf 1.000-Meilen-Races deckte der umtriebige Kurt Ecker einigermaßen das Mittelmeer ab. Nur Zypern musste ausgelassen werden, nachdem im Ecker-Yachting-Büro in Ried Terrordrohungen eingegangen waren. Die Zusammensetzung der Mannschaften war international – fast jede Segelnation war vertreten. Die Gesamtsieger aller Ecker Cups kamen u. a. aus den USA, Deutschland, Kroatien und selbstverständlich aus Österreich.
Es haben sich unendlich viele erzählenswerte Geschichten bei diesem Rennen abgespielt, die einen ganzen Roman füllen würden. Zum Beispiel der Mastbruch auf gerade jenem Schiff, auf dem die gesamte Kamera-Crew vom ORF drauf war. Oder, mehrmals, das Übersteigen von Ärzten bei rauer See wegen Notfällen in der Mannschaft – und das bei fünf oder sechs Windstärken!
Vielleicht am bemerkenswertesten aber war die Geschichte der wackeren Segler aus Bachmanning, der „kleinsten Gemeinde Österreichs“, beim Ecker Cup 1992 von Marmaris nach El Kantaoui. Wie die beherzte Crew mit ihrer Charteryacht rund um Skipper Willi Lettner, der aufgrund einer Muskelschwäche auf den Rollstuhl angewiesen ist, alle Schwierigkeiten mit Einsatz und Stil meisterte, rang nicht nur der Konkurrenz, sondern auch der großen Presse Respekt ab.
Die letzten 30 Stunden übernahm Skipper Willi das Ruder und ließ sich von seiner Crew nicht mehr ablösen, so groß war sein Ehrgeiz, einen guten Platz zu erreichen. Als das Team aus Bachmanning in El Kantaoui (Tunesien) eingelaufen war, erschien seine Yacht auf dem Siegerboard nicht nur in seiner Klasse auf Platz eins, sondern auch das Blaue Band für den Gesamtsieg gehörte ihm.
Unerreicht – bis heute
Die Ecker Cups wurden mit dem Ende der Firma Ecker Yachting eingestellt. Jahre zuvor war Kurt Ecker als Geschäftsführer dieser einstigen Vorzeigefirma schon ausgeschieden.
Aber die Cups haben eine unvergessliche Geschichte geschrieben. Das hatte es noch nirgendwo auf der Welt gegeben, dass der Hochseeregatta-Sport für jedermann offen stand. Von welch einzigartiger Größe Kurt Eckers Leistungen, sein Ideenreichtum, seine Weitsicht, seine Einsatz- und seine Risikobereitschaft waren, zeigt sich allein darin, dass nach es ihm keinem gelungen ist, eine annähernd vergleichbare Hochsee-Segelregatta-Serie auf die Beine zu stellen.
Ecker Yachting – die Erfolgsgeschichte von Kurt Ecker
1981 wurde Ecker Yachting im oberösterreichischen Ried gegründet (damals unter dem Namen Ecker Yacht Charter, Umbenennung 1992).
Ecker Cups. 1990 wurde das erste 1.000-Meilen-Race veranstaltet – noch unter dem Titel „Ecker Ägypten Cup“, mit Start im kroatischen Zadar, -Zwischenstopp im griechischen Pylos und Ziel in Alexandria/Ägypten.
1991 wurde der Start des zweiten Cups aufgrund des Bürgerkrieges im damaligen Jugoslawien nach Marmaris verlegt. Die Route: Marmaris– Pylos–Alexandria.
1992 Cup Nr. 3, Marmaris–Pylos–El Kantaoui/Tunesien.
1993 Cup Nr. 4, Marmaris–Pylos–Monastir/Tunesien.
1994 Cup Nr. 5, Marmaris–Pylos–Ashkelon/Israel.
1995 Cup Nr. 6, Zadar–Pylos–Malta.
1996 Cup Nr. 7, Marmaris–Pylos–Monastir/Tunesien.
1998 Cup Nr. 8, Zadar–Pylos–Kusadasi/Türkei.
2000 Cup Nr. 9, Zadar–Rethymnon/Kreta–Lavrion/Griechenland. Aufgrund von extremen Wetterverhältnissen durfte das Feld aus Rethymnon einige Tage nicht auslaufen. Die zweite Teilstrecke musste verkürzt werden, um im Zeitplan zu bleiben. Das Ziel wurde kurzfristig von Porto Carras/Griechenland auf Lavrion/Griechenland geändert.
2003 Cup Nr. 10, Zadar–Preveza/Griechenland–Göcek/Türkei.
2007 Cup Nr. 11, Zadar–Katakolon/Griechenland–Samos/Griechenland.
2011 ging Kurt Ecker in den wohlverdienten Ruhestand und war beim letzten Cup 2012 (Zadar–Kalamata/Griechenland–Alanya/Türkei) nicht mehr dabei.
Charterstützpunkte. Von Kurt Ecker bis 2011 aufgebaute Basen:
Kroatien – Veruda, Punat, Zadar, Trogir, Dubrovnik.
Griechenland – Lefkas, Achilleion, Samos.
Türkei – Orhaniye, Göcek.
Skippertrainings. 1988 hat Kurt Ecker erstmals das Intensiv-Skippertraining veranstaltet – damals gab es nichts Vergleichbares. Das Besondere war, dass in jeweils drei Tagen intensiv vor allem Hafenmanöver trainiert wurden. Diese drei Tage wurden von den Freizeitskippern genutzt, um die Yacht während des Urlaubstörns möglichst gut zu beherrschen. Zudem war es im Frühjahr auch ein idealer Auftakt für die neue Segelsaison. Das Skippertraining war eine großartige Erfolgsgeschichte, von der im Laufe der Jahre mehr als 10.000 Segler profitieren konnten.
Weitere Meilensteine. 1987 bot Ecker Yachting erste Mitsegeltörns von Zadar über Malta nach Tunesien an – jeweils mit zwei Yachten. Kurt Ecker: „Diese Törns waren genau genommen die Vorläufer für den nachfolgenden Ecker Cup und liefen unter dem Titel ,So nah ist Afrika‘ über drei Jahre.“
1988 und 1989 skipperte eine der beiden Yachten der legendäre Segler und Autor Karl Vettermann. Sein Buch „Barawitzka segelt nach Malta“ war damals wohl auch der Ideengeber für diese Törns zum jeweiligen Saisonende.
Ab 1989 hatte Ecker Yachting auch Flüge im Programm. Mit gecharterten 50-sitzigen Flugzeugen vom Typ Dash-8 von Tyrolean Airways wurden während der Saison jeweils an Samstagen Flüge nach Zadar, Split, Dubrovnik und Preveza angeboten. Auch das eine absolute Erfolgsgeschichte: „Der Gedanke dazu war, unsere Chartergäste günstig und komfortabel zu unseren Stützpunkten zu bringen und wurde von diesen auch begeistert angenommen. Die Passagiere bestanden ausschließlich aus Seglern und schon während des Fluges wurden Tipps und Ratschläge für den anstehenden Törn ausgetauscht.“
1996 startete die Ecker-Yacht Sarita, eine Solitaire 52, ihre Weltumsegelung – in Etappen für Mitsegler.
2008 verkaufte Kurt Ecker sein Lebenswerk und ging 2011 in den Ruhestand.
2013 musste die neue Geschäftsführung Konkurs anmelden.
Heute lebt Kurt Ecker 77-jährig nach wie vor in Ried und kümmert sich um Haus, Hund und Garten.