Tropenstürme sind auf den Philippinen keine Seltenheit – jährlich rund 20 Taifune fegen über den Inselstaat hinweg. Kurz vor Weihnachten des letzten Jahres jedoch zog Rai eine Spur der Verwüstung nach sich. Mutiert zu einem Supertaifun mit bis zu 140 Knoten Speed, machte er auch Wolfgang Hausner in der an sich gut geschützten Tambobo Bay das Leben schwer.
Der innere Teil der Bucht war mit etwa drei Dutzend Yachten belegt, die alle an einer Muring hingen. Nur wenige davon zeigten Leben an Bord, der Großteil der Besitzer hielt sich gar nicht auf den Philippinen auf, viele waren schon seit Jahren abwesend. Kein Wunder, Tambobo war eine sehr gut geschützte Bucht und praktisch sicher vor Stürmen.
Die Crews der wenigen bewohnten Yachten trafen sich öfter in einem der Stelzenrestaurants am Ufer, um sich am leckeren Buffet den Bauch vollzuschlagen und die letzten Neuigkeiten auszutauschen.

Taifun Rai schlug eine Woche vor Weihnachten unerwartet zu. Die tropische Depression in Mikronesien, die langsam nach dem Westen wanderte, fand erst wenig Beachtung. Schließlich passiert das regelmäßig, ohne dass gleich ein Wirbelsturm daraus wird. Kurz vor dem philippinischen Archipel machte das Tief allerdings eine Metamorphose zu einem Taifun durch, der zusehends stärker wurde – und damit begann ein allgemeines Aufwachen.
Jetzt wird es ernst, dachte jeder, zumal die Zugbahn diesmal viel südlicher als üblich verlief. In der allgemeinen Hektik wurden die Muringe gecheckt, Extra-Seile ausgebracht und unnötige Sachen vom Deck entfernt. Taboo III lag nahe dem Ufer, vertäut an zwei Palmen mit zwei Anker achteraus. Bombensicher, außer ein Baum wird entwurzelt und kracht auf den Kat oder Fischerboote schlieren bei auflandigem Wind und zerquetschen Taboo III. Aber man sollte sich nicht gleich das schlimmste Szenario ausmalen.
Windy.com lieferte ein eindrucksvolles Bild am Donnerstag, dem 16. Dezember 2021. Taifun Rai schraubte sich bereits durch die Philippinen und es war jetzt eindeutig, dass Tambobo in weniger als zwölf Stunden in der Schusslinie liegen würde. Zuerst waren sehr heftige westliche Winde angesagt. Für Taboo III würde das ablandige Böen bedeuten, aber gemildert durch die Landzunge und die Bäume, solange sie stehen bleiben. Später würde es aus dem Südwesten und Süden pfeifen, praktisch schräg auflandig.
Was mich beunruhigte, war das riesige Fischerboot, das sich vormittags bei noch gutem Wetter ebenfalls an den Strand schräg hinter Taboo III gelegt hatte. Momentan saß es bei Niedrigwasser auf, aber in der Nacht mit der hohen Tide würde es schwimmen, gerade zu dem Zeitpunkt, an dem die stärksten Winde zu erwarten waren.
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Wolfgang Hausner ist Weltumsegler, Schriftsteller und ocean7-Autor. Derzeit weilt er mit seiner Taboo III, einem 18-Meter-Katamaran, auf den Philippinen und bietet individuelle Mitsegelgelegenheiten an.
www.wolfgang-hausner.com
Fotos: NASA/Terra-MODIS, Wolfgang Hausner, Shutterstock
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